Austausch des Netzwerks mit einer Delegation aus Bogotá
Das Feministische Netzwerk für Gesundheit Berlin hat am 28.09.2023 an einem Fachaustausch mit einer Delegation aus Bogotá (Kolumbien) teilgenommen.
Das Treffen wurden von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) organisiert. Der Fokus des Austauschs lag auf Frauen- und Gesundheitspolitik mit dem besonderen Schwerpunkt auf Migrant*innen, Geflüchteten, der LGBTQI Community und weiteren marginalisierten Gruppen.
Die kolumbianische Delegation bestand aus Vertreter*innen der Bezirkssekretariate, verantwortlich für das öffentliche Gesundheitswesens und für Frauen, Gleichstellung und Frauengesundheit, sowie aus NGO-Vertreter*innen.
Für das Netzwerk haben teilgenommen: Sybill Schulz (Sprecherin), Verónica Troncoso und Madeleine Devau (beide Space2groW/ Frauenkreise) und Jala El Jazairi (Unionhilfswerk).
„Positionspapier: Zur Aufnahme von Sprachmittlung in den Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) bzw. ins SGB V“
Organisiert wurde das Positionspapier (v. 14.12.2022) von einem Bündnis für Sprachmittlung im Gesundheitswesen, das sich auf Initiative von TransVer-neXus, einem Drittmittelprojekt der Charité/ Universitätsmedizin Berlin, im Sommer 2021 zusammengeschlossen hat.
Das Netzwerk Frauengesundheit Berlin hat es mitunterzeichnet.
→ Positionspapier ausführliche Version
Wahlprüfsteine zur Berliner Abgeordnetenhauswahl 2021
Das Netzwerk Frauengesundheit hat Wahlprüfsteine erarbeitet, die sechs Themenbereiche betreffen:
reproduktive Gesundheit, gesundheitliche Folgen von Gewalt, gesundheitliche Versorgung von Migrantinnen, Frauen mit Behinderungen/ chronischen Erkrankungen, Frauen und Sucht sowie als Querschnittsaufgabe die psychische Gesundheit.
Es folgen die Empfehlungen zu Migration und Frauengesundheit :
1. Ausbau und Sicherstellung der psychotherapeutischen und psychosozialen Beratung von Frauen* mit Migrations- und Fluchthintergrund ggf. mit qualifizierter Sprachmittlung.
Wir empfehlen den Expert*innen der Berliner Gesundheitspolitik, sich u. a. bei den Krankenkassen, der KV Berlin und Einrichtungen des ÖGD (z. B. SPDs) dafür einzusetzen, dass in Berlin dem Bedarf entsprechende Diversity sensible, muttersprachliche Psychotherapie und psychosoziale Beratung für Frauen mit Migrations- und Fluchthintergrund bedarfsgerecht bereitgestellt werden, falls nötig mit qualifizierter Sprachmittlung sowie den erleichterten Zugang von muttersprachlichen Psychoterapeut*innen auf Kassensitze.
2. Budget für Sprach- und Kulturmittlung in der gesundheitlichen Versorgung und Prävention
„Der Behandelnde ist verpflichtet, dem Patienten in verständlicher Weise zu Beginn der Behandlung und, soweit erforderlich, in deren Verlauf sämtliche für die Behandlung wesentlichen Umstände zu erläutern, insbesondere die Diagnose, die voraussichtliche gesundheitliche Entwicklung, die Therapie und die zu und nach der Therapie zu ergreifenden Maßnahmen.“ (§ 630c BGB).
Wir empfehlen ein bedarfsgerechtes landesweites Budget für die Sprach- und Kulturmittlung im Gesundheitswesen (in Krankenhäusern, Gesundheitsämtern, bei Gesundheitsförderungs- und Präventionsangeboten …), in den Bereichen, die in der Verantwortung des Landes Berlin (inkl. der Bezirke) liegen.
Für die Behandlung in Arztpraxen empfehlen wir eine Berliner Bundesratsinitiative zur Aufnahme der Inanspruchnahme von Sprach- und Kulturmittlung als Kassenleistung.
Darüber hinaus muss im Rahmen der gesundheitlichen Versorgung und Prävention die Finanzierung sichergestellt werden für Informationsmaterialien in vielfältigen Sprachen, für Sprach- und Kulturmittlung in niedrigschwelligen Beratungsangeboten und bei Beschwerdestellen.
3. Finanzierung von Fort- und Weiterbildung
Darüber hinaus müssen Mittel bereitgestellt werden für Fort- und Weiterbildungen zur Sensibilisierung von Fachkräften für eine diskriminierungssensible gesundheitliche Versorgung und Prävention.
Clearingstelle für Menschen mit ungeklärtem Krankenversicherungsschutz in Berlin eröffnet
In Berlin leben nach Schätzungen nichtstaatlicher Organisationen rund 60.000 Menschen ohne einen Krankenversicherungsschutz. Dazu zählen Menschen ohne rechtlichen Aufenthaltsstatus, Unionsbürger*innen sowie Menschen aus Drittstaaten, Selbstständige ohne Krankenversicherung und Studierende mit privater (sehr eingeschränkter) Krankenversicherung. Davon sind geschätzt 25-50% versicherbar.
Für diese Menschen mit ungeklärtem Krankenversicherungsschutz wurde am 22.10.2018 in Berlin eine Clearingstelle eröffnet. Sie befindet sich im Zentrum am Hauptbahnhof der Berliner Stadtmission, Lehrter Straße 68, 10557 Berlin.
Zugang zu medizinischer Versorgung für alle
In Deutschland müsse flächendeckend sichergestellt sein, dass eine leitliniengerechte HIV-Therapie als eine notwendige Behandlung im Sinne des Asylbewerberleistungsgesetzes anerkannt werde.
Dies fordert der Nationale AIDS-Beirat (NAB), ein unabhängiges Beratungsgremium des Bundesministeriums für Gesundheit, in einem Votum vom 10.06.2014.
Mit Sorge habe man festgestellt, dass in Deutschland bestimmte Gruppen nur einen eingeschränkten oder sogar keinen Zugang zu Beratung, Versorgung und einer leitliniengerechten HIV-Therapie hätten, heißt es in dem Votum. Dies betreffe unter anderem Menschen im Asylverfahren, Geduldete, Menschen ohne Aufenthaltsstatus sowie in Deutschland lebende Bürgerinnen und Bürger aus anderen EU-Mitgliedsstaaten.
Grund für diesen Missstand seien Bestimmungen des Asylrechts sowie die komplexe Rechtslage hinsichtlich des Krankenversicherungszugangs und -schutzes, so der NAB weiter. Auch Schwierigkeiten bei der Umsetzung der allgemeinen Versicherungspflicht und der Durchsetzung von Leistungsansprüchen in der Praxis werden vom NAB als entscheidende Hindernisse genannt. Zudem stehe die Residenzpflicht häufig einer notwendigen spezialisierten Behandlung und Beratung entgegen.
Der NAB empfiehlt daher – sofern eine Residenzpflicht für Asylbewerber und Geduldete besteht – sicherzustellen, dass an dem zugewiesenen Aufenthaltsort eine spezialisierte HIV-Behandlung und -Beratung problemlos erreichbar ist. Bei Entscheidungen zum Ende einer Aufenthaltsgenehmigung solle jeweils im Einzelfall geprüft werden, ob am Wohnort im Herkunftsland dauerhaft ein Zugang zur HIV-Therapie gewährleistet ist.
Um die Versorgung von HIV-infizierten EU-Bürgerinnen und -Bürgern in Deutschland länderübergreifend sicherzustellen, regt der NAB außerdem die Einrichtung einer zentralen Fachstelle „Gesundheit und EU-Zuwanderung“ an, die Unionsbürgern, Leistungserbringern und Beratungsstellen als Informationsquelle zur Verfügung stehen solle. Deren Aufgabe könne es zudem sein, das Thema Gesundheitsversorgung in bereits bestehenden beziehungsweise neu einzurichtenden Integrationsmaßnahmen verbindlich zu verankern. Denn Unklarheiten, Informationsmängel und uneinheitliche Rechtsanwendungen bezüglich des Zugangs von EU-Bürgern zur Gesundheitsversorgung, so die Befürchtung des Nationalen AIDS-Beitrats, könnten notwendige Behandlungen gefährden.
Weitere Informationen unter:
aidshilfe.de/de/aktuelles/meldungen/nationaler-aids-beirat-zugang-zu-medizinischer-versorgung-fuer-alle